Position des Ökolöwen zum Radverkehrsentwicklungsplan

Position des Ökolöwen zum Radverkehrsentwicklungsplan (RVEP) Leipzig 2030+

Leipzig bekommt einen neuen Radverkehrsentwicklungsplan (RVEP). Er stellt die Weichen für die Mobilitätswende in Leipzig. Wir Ökolöwen haben uns im Projektbeirat dafür stark gemacht, dass die Bedingungen für Radfahrer:innen und Fußgänger:innen so perfekt wie möglich sind – und vor allem schnellstmöglich umgesetzt werden! Jetzt liegt der fertige Entwurf dem Stadtrat vor. Doch zufrieden sind wir damit nicht! Unsere wichtigsten Kritikpunkte haben wir in diesem Beitrag für Dich zusammengefasst.

Radfahren in Leipzig

Leipzigs Radverkehr hat sich in den letzten 30 Jahren enorm positiv entwickelt. Keine andere Verkehrsart ist so stark gewachsen und dieses Wachstum ist aus unserer Sicht auch noch nicht abgeschlossen. Leipzig hat das Potenzial, zu einer der großen Fahrradhauptstädte in Europa aufzusteigen – zusammen mit viel Grün, einem attraktiven Nahverkehr sowie perfekten Bedingungen für Radfahrer:innen und Fußgänger:innen. Wir erwarten einen Radverkehrsentwicklungsplan, der diese Ambitionen untermauert. 

Unsere beiden Stellungnahmen zum Hauptnetz Rad und zu den Schlüsselprojekten für Leipzigs Radverkehr sind im aktuellen Entwurf des RVEP nicht vollumfänglich berücksichtigt und haben daher nach wie vor Gültigkeit.  

Endlich mehr Geld für den Radverkehr

Die gute Nachricht zuerst: Es soll in Zukunft mehr Geld in Leipzigs Radinfrastruktur fließen. Die angekündigte Erhöhung der Investitionen für den Radverkehr auf 30 Euro pro Kopf und Jahr begrüßen wir sehr, insofern diese bereits ab 2025 gilt und nicht erst am Ende des Planes im Jahr 2030 erreicht werden wird. Sie wird damit erstmals über der vom Bundesverkehrsministerium empfohlenen Quote von 19 Euro pro Kopf liegen. Dies ist aus Ökolöwen-Sicht allerdings auch notwendig, da Leipzig in den vergangenen Jahren immer deutlich darunter lag – bis 2016 sogar bei unter 5 Euro pro Kopf und Jahr.  

Aktionsprogramm als Umsetzungsmesser

Um die Mobilitätswende in Leipzig bis 2030 zu schaffen, braucht es einen Anteil der umweltfreundlichen Verkehrsarten (ÖPNV, Fußverkehr, Radverkehr) von 80 %. Der Anteil des Radverkehrs am gesamten Verkehrsmix sollte dabei 25 % betragen, so wie in der einstimmig vom Stadtrat beschlossenen Mobilitätsstrategie. Der aktuelle Entwurf sieht lediglich ein Wachstum auf 23 % vor. Das ist zu wenig. Mit diesem RVEP wird die Mobilitätswende nicht gelingen, selbst wenn alle aufgeführten Ziele zu 100 % erreicht werden, was aus den Erfahrungen des letzten RVEPs nicht realistisch erscheint.  

Es braucht aus Sicht von uns Ökolöwen unterhalb des Radverkehrsentwicklungsplanes weitere Aktionsprogramme, in denen die anstehenden Maßnahmen für die kommenden zwei Jahre ortskonkret beschrieben sind. Diese sollen als eine Art Frühwarnsystem fungieren, ob die gesteckten Ziele erreicht werden oder ob ggf. nachgesteuert werden muss.

Netzlücken schnell schließen

Die Harkortstraße ist eine große Lücke in Leipzigs Radnetz
Die Harkortstraße ist eine große Lücke in Leipzigs Radnetz

Der Fokus muss auf das SCHNELLE Schließen von Netzlücken entlang ALLER Hauptstraßen gelegt werden. Im aktuellen Entwurf des RVEP ist hierfür das Jahr 2030 und darüber hinaus angegeben. Das ist deutlich zu spät. Die wichtigen Netzlücken müssen innerhalb der nächsten drei Jahre geschlossen sein.

Ein wichtiges Schlüsselprojekt ist das zügige Anlegen von Radfahrstreifen auf dem Promenadenring sowie allen zulaufenden Hauptstraßen. Wir begrüßen an dieser Stelle die Markierungen vor dem Hauptbahnhof, dem Dittrichring und auf dem Ranstädter Steinweg. Weitere Netzlücken, wie beispielsweise die Harkortstraße, müssen schnell geschlossen werden.

Leipzig braucht ECHTE Fahrradstraßen

Die Ausweisung von über 60 neuen Fahrradstraßen bewerten wir positiv. Dennoch ist die Liste nicht vollständig. Zum Beispiel fehlt die Fockestraße als wichtige Radverbindung. Aus Ökolöwen-Sicht ist hier entscheidend, dass die Umwidmung zur Fahrradstraße auch an eine Umgestaltung geknüpft ist, damit für Fahrradfahrer:innen das Gefühl entsteht, auf einer ECHTEN Fahrradstraße unterwegs zu sein. Neben einer auffälligen und einheitlichen Markierung umfasst dies auch Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung und zur Reduzierung des Autoverkehrs – insbesondere des Kfz-Durchgangsverkehrs. Hier eignen sich Diagonalsperren hervorragend!

Stressfreie Wege durchs Grüne

Abseits der Hauptstraßen brauchen Radfahrer:innen auch stressfreie Alternativrouten durchs Grüne. Wir Ökolöwen haben für die wichtigsten Routen Konzepte geschrieben: Den Bahnbogen Gohlis, die Aktivachse Süd und den Parkbogen Ost. Diese müssen schnell planerisch gesichert und umgesetzt werden! Im aktuellen Entwurf ist der Parkbogen Ost lediglich als Radsporttrasse enthalten und die Aktiv-Achse Süd und der Bahnbogen Gohlis werden gar nicht erwähnt. Hier muss dringend nachgebessert werden!  

Infrastruktur für den ruhenden Radverkehr

Neues Fahrradparkhaus IM Leipziger Hauptbahnhof. Visualisierung: Ökolöwe
Neues Fahrradparkhaus IM Leipziger Hauptbahnhof. Visualisierung: Ökolöwe

Wir Ökolöwen fordern deutlich mehr Fahrradparkplätze (Fahrradbügel) im öffentlichen Straßenraum sowie in oder an allen (Wohn-)Gebäuden (insbesondere Wohnungsgenossenschaften, Gewerbeimmobilien/Bürohäuser, Schulen, etc.). Aus einem Autoparkplatz können bis zu 10 Fahrradstellplätze werden. Ehemalige Autoparkplätze müssen DIREKT an Ziele des Radverkehrs umgewidmet werden. Nicht erst an der nächsten “Gehwegnase” bzw. Straßenecke. Private und gewerbliche Initiativen, die diese Umwidmungen angehen möchten, sollen bestärkt und nicht behindert werden!

Die Umsetzung von Fahrradparkhäusern in der Innenstadt, insbesondere im Hauptbahnhof, stockt seit Jahren. Im aktuellen Entwurf des REVP sind die Ziele dahingehend sehr unkonkret formuliert: Auch wenn es jetzt einen ersten Umsetzungsschritt im Hauptbahnhof gibt, bleibt unklar, ob es bis 2030 weitere Ausbaustufen geben soll. Wir erinnern erneut daran, dass auch die City-Tunnel-Stationen Leuschnerplatz, Bayrischer Platz und MDR Fahrradgaragen benötigen. 

Sicherheit im Radverkehr

Alle Maßnahmen, die sich um das Thema Verkehrssicherheit drehen, sollten unter der Prämisse des “Vision Zero”- Ansatzes erfolgen! Dieser Ansatz muss eine zentrale Leitlinie der Leipziger Verkehrsplanung sein. Verstärkte Kontrollen von Falschparker:innen auf Radfahrstreifen und in Kreuzungsbereichen sind zwingend erforderlich. Die wenigen vorhandenen guten Ansätze zur Vermeidung von Falschparker:innen auf Radwegen (z. B. Leitboys) müssen ausgeweitet werden. Es braucht mehr Kontrollen von Auto- und Linienbusfahrer:innen zur Einhaltung des 1,5 - 2 Meter-Mindestabstandes beim Überholen. 

Fahrradkultur fördern

Neben der Weiterentwicklung der Fahrradinfrastruktur ist es aus Ökolöwen-Sicht absolut notwendig, die Entwicklung der Fahrradkultur in Leipzig aktiv zu fördern. Struktur und Kultur bedingen sich gegenseitig. Die positiven Beispiele der niederländischen Großstädte oder auch Kopenhagen belegen dies klar. Leider ist das Wort “Fahrradkultur” nicht ein einziges Mal im uns vorliegenden Entwurf zu finden. Wir raten dringend an, diese Thematik zu berücksichtigen.  

Ein Beitrag dazu ist die regelmäßige Teilnahme am STADTRADELN, das wir Ökolöwen seit 2013 in enger Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung organisieren. Diese Kampagne trägt neben den Daten, die sie via Tracking App für die Radverkehrsplanung liefert, auch zur Förderung der Fahrradkultur in unserer Stadt bei. Aber auch der autofreie Innenstadtring im Rahmen der Europäischen Mobilitätswoche fördert diesen gesellschaftlichen Transformationsprozess und schafft Akzeptanz für weitere infrastrukturelle Maßnahmen.  

Kommunikative Maßnahmen zu “Verhaltensregeln” für Fahrradfahrer:innen sowie Kampagnen nach dem Motto: “Opfer, schütze Dich!” sind kontraproduktiv. Wir raten dringend davon ab, Kampagnen dieser Art weiterhin umzusetzen!  

Ökolöwen-Position zum Radverkehrsentwicklungsplan 2030

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